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Wiesen über Wiesen

Es gibt mindestens 200 verschiedene Wiesentypen. Viel zu viel, um den Überblick nicht zu verlieren. Selbst Botaniker und Pflanzensoziologen sind sich nicht immer einig, so dass verschiedene Einteilungen kursieren. Am einfachsten ist es, die Wiesen nach ihren Standorten zu unterteilen, wie es hier geschehen ist. Die Wiesenbiotoptypen sind dabei nach der Bodenfeuchtigkeit geordnet.
Bis nach dem Krieg sind Wiesen mehr oder weniger intensiv genutzt worden. Als die Landwirte in den 60er Jahren begannen, ihre Ställe zu modernisieren, wurde keine Einstreu mehr benötigt. Dies bedeutete das Ende für die feuchteren Wiesen wie Groß- und Kleinseggenriede sowie Pfeifengras-Streuwiesen.
Am anderen Ende der Skala werden auch die Wiesentypen der trockenen Standorte immer seltener. Wie die Tabelle zeigt, sind heute lediglich die Biotoptypen der mäßig feuchten bis frischen Standortbedingungen bewirtschaftet, also nährstoffreiche Feuchtwiesen bis hin zu den Weidelgrasweiden. Auf den folgenden Seiten werden die wichtigsten dieser Wiesentypen genauer vorgestellt.

Einteilung der Wiesentypen
Wirtschaftswiesen und Streuwiesen
Nasse bis feuchte Standortbedingungen
F = Feuchtezahl
N = Stickstoffzahl
F
Verlandungs(Schilf)röhricht 9 6,3  
Großseggenried 8,5  4,6 
Saure Kleinseggenriede 8,1 2,6 
Kalk-Kleinseggenriede 7,6 2,7 
Pfeifengras-Streuwiesen 6,3 3,4 
Nasse Hochstaudenfluren 7,4 5,5 
Nährstoffreiche Feucht- und Nasswiesen  7  4,1  
Mäßig feuchte bis frische Standortbedingungen
Glatthaferwiese (Tal-Fettwiesen)  
frische bis feuchte Variante 5,5 4,8
Typische Variante 5,2 4,5
Trockene Variante 4,8 4,2
Goldhaferwiesen (Berg-Fettwiesen) 5,1 4,4
Vielschnittwiesen 5 5,7
Weidelgrasweiden 5 5,7
Silikatmagerrasen 4,9 2,7
Kalkmagerweiden    
Kalkmagerwiesen    
(Halbtrocken- und Trockenrasen)    
Kraut- und Staudensäume    
Wärmeliebende    
Wildblumensäume    
Ruderale Wildblumensäume    


Zeigerwerte von Pflanzen
Dass eine Pflanze dort wächst, wo sie wächst, hängt von den drei klimatischen Faktoren Licht, Wärme und Kontinentalität ab sowie von den drei Bodenfaktoren Feuchtigkeit, Bodenreaktion und Stickstoffversorgung. Das ökologische Verhalten von Pflanzenarten gegenüber diesen sechs Hauptfaktoren wird für jeden Faktor nach einer neunteiligen Skala bewertet. Man erhält die sogenannten Zeigerwerte der Pflanzen. Bei Kenntnis der Pflanzenarten eines Standorts sowie deren Zeigerwerte lassen sich sehr leicht Aussagen über den gesamten Standort machen. Diese biologische Verfahren ist viel genauer und vor allem kostengünstiger als umständliche und teure Analysen von Bodenproben. Auch im Garten erlaubt das Vorkommen bestimmter Arten Rückschlüsse auf die Nährstoffversorgung, die Bodenfeuchtigkeit und den Kalkgehalt des Gartenbodens. Welch interessanter Anreiz, mit dem Bestimmungsbuch unter dem Arm die Bodenbeschaffenheit zu erkunden.

Feuchtezahl (F)
Alle Pflanzenarten lassen sich mit Hilfe einer Zahlenskala im Gefälle der Bodenfeuchtigkeit einordnen. Die Skala deckt einen Bereich von 1-9 ab und geht dabei vom trockenen Felshang bis zum sumpfigen Boden. So wären z. B. Der Wiesensalbei mit (F 3,) Mauerpfeffer (F 2), Kuckuckslichtnelke (F 7) und Gilbweiderich (F 8) entsprechend ihres Standortes eingestuft. Und hier die Werteeinteilung:

1 starke Trockniszeiger Pflanzen sind auf trockene Böden beschränkt und auf oftmals austrocknenden Stellen lebensfähig.
3 Trockniszeiger Pflanzenarten, die auf trockenen Böden häufiger vorkommen als auf frischen, auf feuchten Böden jedoch fehlen.
5 Frischezeiger Pflanzen mit Schwergewicht auf mittelfeuchten Böden. Sie fehlen auf nassen sowie öfter austrocknenden Böden.
7 Feuchtezeiger Pflanzen mit Schwergewicht auf gut durchfeuchteten, aber nicht nassen Böden.
9 Nässezeiger Pflanzen mit Schwergewicht auf oft durchnäßten Böden.

Die Zwischenwerte 2, 4, 6 und 8 sind Pflanzen zugeordnet, die in ihrem Verhalten jeweils zwischen zwei Werten liegen. So befindet sich Mauerpfeffer mit der Feuchtezahl 4 zwischen den Kategorien Trocknis- und Frischezeiger.

Stickstoffzahl (Nährstoffzahl) (N)
Die Stickstoffzahl ordnet die Pflanzenarten nach ihrer Mineralstoffversorgung während der Vegetationszeit ein. So zeigen etwa Winde und Brennessel (N 9) Böden mit hoher Nährstoffversorgung an, während Heidekraut mit N 1 und Silberdistel (N 2) auf sehr nährstoffarme Böden hinweisen.

1 stickstoffärmste Standorte
2 auf stickstoffarmen Standorten häufiger als auf mittelmäßigen, ausnahmsweise auf reicheren.
5 mäßig stickstoffreiche Standorte
6 an stickstoffreichen Standorten häufiger als auf mittelmäßigen und nur ausnahmsweise auf ärmeren
7 ausgesprochener Stickstoffzeiger
8 an übermäßig stickstoffreichen Standorten

Neben diesen sehr wichtigen Standortfaktoren spielt die Reaktionszahl (R) eine Rolle, die Pflanzen nach dem Gefälle des Säure- bzw. Kalkgehalts des Boden einteilt. Weitere Zeigerwerte sind die Lichtzahl (L), die Temperaturzahl (T), die Kontinentalitätszahl (K) sowie die Salzzahl (S), auf die hier jedoch nicht näher eingegangen wird.

Mähverträglichkeitszahl (M)
Die Mähverträglichkeit ist ein Merkmal krautiger Pflanzen, das Arten begünstigt, die Nährstoffe in ihren Wurzeln und Rhizomen speichern und dadurch schneller austreiben können. Durch den Schnitt werden also Pflanzen mit hohem Wiederaustrieb gefördert, während schnittunverträgliche Arten meist unterdrückt werden und verschwinden. Die Mähverträglichkeitszahl M rangiert zwischen 1-9. Sie ordnet die typischen Wiesenpflanzen danach ein, wie schnell sie wieder aus dem abgeschnittenen Sproß oder aus Nebensprossen austreiben können. Pflanzenarten mit hoher M-Zahl wie Weißklee (8), Gänseblümchen (9) oder Weidelgras (8) wird man auch durch häufigen Schnitt nicht zurückdrängen. Kleine Zahlenwerte sind schnittunverträglicheren Arten zugeordnet: je kleiner der Wert, desto schnittempfindlicher die Pflanzenart.

Heinz Ellenberg: Scripta Geobotanica IX, „Zeigerwerte der Gefäßpflanzen Mitteleuropas"

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