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Weihrauch, Myrrhe und Opoponax

Arnold Dörr

Weihrauch, Myrrhe und Opoponax galten nach Y. R. Naves im Altertum lange Zeit als kostbare, dem Gold gleichwertige Stoffe, die neben anderen Harzen zu Räucherungen bei kultischen Handlungen gebraucht wurden. Gewonnen wird Weihrauch von Boswellia caterii Birdwood (Mohr meddu) und von Boswellia frereana Birdwood (Yegaar). Die hellgelben oder orangefarbenen, birnenförmigen Stücke sind häufig durch Holz und Sand verunreinigt und bestehen zu 27-35 % aus einer dem Gummi arabicum ähnlichen Gummiart, zu 4-7 %aus ätherischem Cl und zu 60-70 % aus eigentlichem Harz. Zur Beurteilung des Weihrauches kann die Bestimmung und Untersuchung des ätherischen Öles dienen. Etwas im Geruch des Weihrauchs erinnert an den süß-stechenden Duft einiger höherer Fettaldehyde. Wenn man die Rinden der Weihrauch- bäume anschneidet, so tritt eine weiße Emulsion heraus, die nach einiger Zeit erstarrt und dann gelbe Körner (Tränen oder Tropfen) bildet, die von den Stämmen abgelöst oder vom Boden aufgelesen werden. Bei der Destillation mit Wasserdampf erhält man 5-9 % ätherisches Öl. Weihrauchöl ist farblos oder gelblich und riecht angenehm balsamisch und schwach zitronenartig. Nach H. Haensel enthält Weihrauchöl einen von ihm Olibanol genannten Alkohol (C20H44); dieser stellt ein zähflüssiges, im Kältegemisch nicht erstarrendes ÖI von angenehmem Weihrauchgeruch dar. Das von E. Fromme und E. Autin untersuchte Olibanol ist ein ganz anderer Körper mit der Formel C10H16O.
So wie die geographische Herkunft die gleiche ist, so fällt auch die Geschichte des Weihrauchs mit der der Myrrhe nahezu zusammen, nur scheint der Weihrauch als Kaugewürz und als Räuchermittel frühzeitiger als Myrrhe gebraucht worden zu sein. Die allgemeinste und größte Verwendung hat der Weihrauch im Kultus der meisten Völker des Altertums gefunden. Er ist auch mit dem Ritus der römisch- und der griechisch-katho.lischen Kirche verbunden. Im Tempeldienst der Hebräer standen Räucherungen mit Weihrauch entweder für sich oder gemeinsam mit Myrrhe und anderen Spezereien in besonders hohem Ansehen. Diese Produkte wurden ihnen durch die Phönizier zugeführt. Auch fand um diese Zeit der Austausch des Weihrauchs auf Karawanenwegen nach Persien und Babylonien statt. Der Handel mit Weihrauch und Myrrhe hatte auf den Verkehr der Küstenländer des Roten Meeres einen erheblichen Einfluß. Die Bedeutung des Weihrauchs bekunden unter anderen in ihren Schriften Herodot, Plutarch, Theophrastus, Athenäus, später Strabo, Dioskurides und Plinius sowie Arrian. Das destillierte Weihrauchöl war schon zur Zeit des Valerius Cordus bekannt, fand aber in der Literatur selten Berücksichtigung. In den Destillierbüchern des 16. Jahrhunderts ist Weihrauch als einer der vielen Bestandteile bei der Destillation der zusammengesetzten Balsame erwähnt worden, unter anderen auch von Gesner. Weihrauchöl findet sich als Oleum ahuris zuerst in den Apothekertaxen der Stadt Berlin vom Jahre 1587, ferner im Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589. Die erste Untersuchung des Weihrauchöls machte Stenhouse im Jahre 1840.

Der Geruch des Weihrauchharzes ist schwächer, aber feiner als der des Weihrauchöles. Die Verwendung von Olibanum-Extrakt Standard für einen reinen balsamischen Weih- rauchduft: Ambra (3-4,5 %), Bouvardia (4 %), Cyclamen (1 %), Gardenia (0,8 %), Geißblatt (1-3 %), Heu (3 %), ferner in orientalischen Geruchsnoten, modernen Phantasieparfümen (Chypre, Opoponax usw.). Früher wurde Weihrauch auch zu Pflastern und Salben verarbeitet. Olibanum-Extrakt Standard, in Spuren Kölnischwasser zugesetzt, verleiht diesem eine eigenartige Note.

Die in Arabien und Äthiopien heimische Myrrhe hat als Stammpflanze: Commiphora abysinica Engler und Commiphora Schimper, Engler.

Die Geschichte der Myrrhe ist von der des Weihrauchs untrennbar. Sie entstammen beide denselben Ländern, haben vom frühen Altertum an in den Kulten der ältesten Völker als vornehme Spezerei und Räuchermittel eine gemeinsame Verwendung gefunden und im Spezereiverkehr eine große Bedeutung gehabt. In den ältesten Schriften sind sie oft zusammen erwähnt. Sie werden viel genannt in Sanskritschriften, in den Veden, in der Bibel, im Koran, im Papyrus Ebers und in den Werken griechischer, römischer und arabischer Schriftsteller. Nach dem Verschwinden der Opferbräuche verwendeten sie nur noch die römisch- und die griechisch-katholische Kirche. Das destillierte Myrrhenöl ist zuerst in den Arznei- und Spezereitaxen der Stadt Frankfurt a. M. vom Jahre 1587 und unter den Arzneibüchern im Dispensatorium Noricum vom Jahre 1589 erwähnt worden.

Die Myrrhe ist der ursprünglich im Rindenparenchym enthaltene, emulsionsartige, an der Luft eingetrocknete Saft mehrerer Arten der Gattung Commiphora, die zur Familie der Burseraceae gehört. Diese Sträucher wachsen teils wild, teils werden sie in den Küstenländern des Roten Meeres, besonders an der Somaliküste Ostafrikas, kultiviert und gedeihen in manchen Teilen Arabiens bis hin nach Persien.

Von den zahlreichen Myrrhensorten, die sich wegen ihrer verschiedenen Abstammung, ihrer örtlichen Herkunft und ihrer Eigenschaften beträchtlich unterscheiden, sind die ätherischen Öle der Heerabol- und der Bisabol-Myrrhe am bekanntesten. Das HeerabolMyrrhenöl des Handels ist dickflüssig, von gelber bis grünlicher oder bräunlicher Farbe und hat einen starken Myrrhengeruch. Das Bisabol- oder Bissabol-Myrrhenöl, auch „Hobayhadi" oder „Habbak Haddi" genannt, kommt aus dem Innern der Somaliländer und ist nach Holmes höchstwahrscheinlich identisch mit dem jetzt im Handel befindlichen Opoponax. Die Stammpflanze der Bisambol-Myrrhe ist eine Commiphora-Art. Die Heerabol-Myrrhe wird wegen ihrer heilkräftigen 'Wirkung in Kosmetik und Pharmazie zu Zahn-und Mundwässern gebraucht. Sie enthält 5-8 % ätherisches Öl, 25-40 % Harz und 57-61 % Gummi. Wie aus den Schriften der Orientalen hervorgeht, kennen diese das Schleimharz, welches die Araber „Hofali" nennen, seit langem und bezeichnen es, neben der Narde und dem Weihrauch, als einen der edelsten Wohlgerüche. Myrrhe stammt von dem um das Rote Meer heimischen Baume Balsamodendron myrrha und kommt in verschiedenen Sorten in den Handel, die man als Myrrha electa oder als die vorzügliche Myrrha in lacrimis bezeichnet. Sie bildet goldgelbe bis braune Stücke, welche von weißen Adern durchzogen sind und einen angenehmen Geruch besitzen. Die als Myrrha naturalis bezeichnete Sorte ist gering an Qualität, sie zeigt aber beim Erhitzen den charakteristischen Wohlgeruch. Der Geruch ist eigenartig würzig und warm animalisch. Myrrhen-Extra Standard wird wegen seines balsamischen Duftes verwendet in: Opoponax-Basen, Edelholz-Noten, orientalischen Geruchstypen, Moosnoten, Chypre, Juchten, Gardenia, herb-frischen Phantasiegerüchen, wegen der adstringierenden Wirkung auf das Zahnfleisch in Zahnpflegemitteln und als Trübungsmittel für Mundwässer.

Opoponax (Bisabol-Myrrhe) stammt von einer in den Somaliländern vorkommenden Burseracee (Commiphora erythraea var. glabrescens Engler) und hat einen balsamischen, etwas zitronenartigen Geruch. Opoponax enthält 5-10 % ätherisches Cl, von angenehm balsamischem Duft, 52 % Gummi und 21,5 % Rohharz. Verwendung in rosen- und vanilleartigen Noten, in Aldehyd-Parfüm, in Chypre-Gerüchen zusammen mit Eichenmoos-Basen und Castoreum. Während das echte Opoponax von einer Umbellifere (vermutlich Opoponax chironium Koch) stammt, wird das im Handel befindliche oder das Burseraceen-Opoponax, aus dem das ätherische 01 destilliert wird, von einer Commiphora-Art gewonnen. Das Burseraceen-Opoponax liefert bei der Destillation 5-10 % Öl von grüngelber Farbe und angenehm balsamischem Geruch. An der Luft verharzt dieses sehr schnell.



Aus dragoco report 01/1973
Mit freundlicher Genehmigung

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