Kalifornien - Eine botanische Frühlingsexkursion
Ernst-Joachim Brunke*
Kalifornien - hiermit verbinden viele Europäer auch heute noch Begriffe wie
- California Dreaming
- Künstler, Filmstars und Hollywood
- Hippies, Flower Power und San Francisco
- blaues Meer, blauer Himmel und der Strand von Malibu.
Zweifellos gibt es dies alles in Kalifornien, obwohl sich das tatsächliche Leben von solchen Klischeevorstellungen unterscheidet. Viel weniger bekannt, aber für den Naturfreund nicht weniger spektakulär, sind die Tier- und Pflanzenwelt Kaliforniens Hier soll nun die Frühlingsflora Kaliforniens unter besonderer Berücksichtigung duftender Pflanzen vorgestellt werden.
Der drittgrößte Staat der Vereinigten Staaten, Kalifornien, hat eine Fläche von 479.916 Quadratkilometern. Er ist größer als Deutschland (356.777 km2), jedoch kleiner als Frankreich (547.026 km2). Nicht nur aufgrund seiner Größe, sondern vor allem wegen seiner ausgesprochen vielgestaltigen Topographie hat Kalifornien eine bemerkenswert umfangreiche und interessante Flora, die über 6000 Blütenpflanzen umfasst. Kein anderer Staat der USA hat eine derartige Bandbreite der topographischen Gegebenheiten. Von 84 Metern unter dem Meeresspiegel im Death Volley reichen Erhebungen bis auf 4418 Meter über dem Meeresspiegel auf
dem Gipfel des Mount Whitney: Innerhalb weniger Meilen kommen der niedrigste und der höchste Punkt des Landes vor.
Die Geographie Kaliforniens wird im Wesentlichen durch zwei große Gebirgsketten geprägt: die westlich liegenden Coast Ranges und die östlich liegende Sierra Nevada mit dem südlichen Ende der Cascade Range. Zwischen diesen beiden Achsen liegt das Great Central Volley, das durch das Sacramento- bzw. das San Joaquin-Flußsystem über das Golden Gate entwässert wird. Die Sierra Nevada besteht hauptsächlich aus einem riesigen Granitblock, der 640 Kilometer lang und 80-130 Kilometer breit ist. Seine steile östliche Seite erhebt sich abrupt von 1500 bis auf 3000 Meter über dem Aluvial-gefüllten Becken, während die Westseite ein mehr stufenweise gestaltetes Plateau ist, das durch tiefe Canyons mit großen Flüssen zerschnitten wird. Die Sierra Nevada ist in den Vereinigten Staaten für die malerische Entfaltung der unterschiedlichsten Erosionsformen bekannt.
Als Folge der sehr unterschiedlichen und fein gestalteten Topographie Kaliforniens kommen ganz unterschiedliche Klimazonen vor. Unter dem Einfluss der Pazifikküste und dem der hohen Berge sind auffällige Unterschiede bereits jeweils nach einigen Kilometern Distanz bemerkbar. Höhenmeter sind hier nicht allein die wesentliche Einflussgröße.
Entlang der Küste ist das Klima relativ kühl und ausgeglichen - eben typisch maritim. Der vorwiegend vom Pazifik, d.h. aus Westen. kommende Wind, gleicht Temperatursprünge aus und fördert Niederschläge. Bemerkenswert sind die in Küstennähe auftretenden Nebel. Der Einfluss des Meeres erstreckt sich auf die seewärts gelegenen Hänge der Coast Ranges, Auf deren östlichen Abhängen und im Central Valley herrscht ein typisches Kontinentalklima mit einem deutlich größeren Temperaturbereich, größeren Temperatursprüngen und viel geringeren Niederschlägen. Grundsätzlich sind die Wintermonate relativ feucht und kühl, hingegen die Sommermonate lange Zeit trocken und im Hinterland sehr heiß. Hauptblütezeit ist daher der Frühling. In der Sierra Nevada herrscht ein typisches Gebirgsklima bei relativ geringen Niederschlägen, Im Windschatten der Gebirgszüge haben sich Wüsten ausgebildet. Als Folge von Boden- und Klimabedingungen ergibt sich eine Vegetation, die man in Großlebensräume (Biotic Provinces) zusammenfassen kann. Im Staat Kalifornien können mehrere dieser Pflanzengroßlebensräume definiert werden, die zum Teil in solche der angrenzenden Staaten übergehen. Ganz typisch kalifornisch ist der Zentralbereich, die „Californian Biotic Province“, die die Coast Ranges und das Central Valley umfasst. Innerhalb dieses Großlebensraumes treten zahlreiche Biotop-Typen (Wald-, Gebüsch-, Grasland) mit jeweils charakteristischen Pflanzengesellschaften auf, deren Erscheinungsbild an das Mittelmeergebiet in Europa erinnert, Wie stets hängen die Vegetationsformen von der Niederschlagsmenge ab: Üblicherweise kommt im zentralen Kalifornien Grasland vor, wenn die jährliche Regenmenge bei 15-50 cm liegt. Gebüsch (Chaparral) tritt bei 38-63 cm auf und Waldland, wenn zwischen 50 und 100 cm Regen fallen, Dichter Wald, dabei auch eindrucksvolle Redwood-Wälder, kommen dann in Küstennähe vor, wenn in den Tälern kühlfeuchte Luft auftreten kann.
Die natürliche Vegetation Kaliforniens ist auch heute noch außerhalb der landwirtschaftlich genutzten Flächen recht gut vertreten. Das bevorzugte Klima ermöglicht den Anbau verschiedener anspruchsvoller Nutzpflanzen, die aus allen Kontinenten eingeführt wurden. Weltberühmt ist heutzutage der kalifornische Wein aus dem Napa oder Sonoma Valley. Hierbei haben sich auch weniger gewünschte Begleitpflanzen („Unkräuter") eingebürgert, z. B. die deutsche Kamille in Weinkulturen.
Kalifornien, ein Füllhorn der Natur, wurde vor ca. 200 Jahren nach einer spanischen Novelle über eine imaginäre Insel in der Nähe des Paradieses benannt: „island near paradise - California“, Die Anziehungskraft dieses Landes hat dazu geführt, dass heute über 27 Millionen Menschen dort wohnen; damit ist Kalifornien der amerikanische Bundesstaat mit der größten Einwohnerzahl. Über
90 % der Bevölkerung leben auf einem schmalen Landstreifen entlang der pazifischen Küste, der lediglich 3 % der Gesamtfläche Kaliforniens ausmacht und dazu noch einer geologischen. Verwerfung folgt, die schwere Erdbeben verursacht hat und noch auslösen kann. Millionenstädte wie Los Angeles und San Francisco werden durch Freeways, autobahnartige Super-Highways, verbunden, die sich bis zu sechsspurig ins Land fressen. Es stellt sich die Frage, ob sich hier überhaupt noch natürliche Gegebenheiten haben erhalten können. Dies ist tatsächlich der Fall. Es sind nicht nur ausgedehnte und zum Teil über 100 Jahre alte Naturschutzgebiete zu finden, sondern eine in weiten Teilen naturnahe Landschaft. Dies konnte ich bei Exkursionen in der genannten dichtbesiedelten Region feststellen, die zur „Californian Biotic Province" gehört. Hierbei wurde die Landschaft um folgen- de Orte besucht: Bodega Bay, Guerne- ville (Russian River), Healdsburg (Alexander Valley), Calistoga, Napa (Napa Valley), Sonoma und Petaluma.
Beginnen wir in San Francisco mit der Überquerung der Golden Gate Bridge, wo bei sonnigem Frühlingswetter im Monat April Ausflügler und Touristen aus der Stadt ins nördliche Vorland drängen. An einem Aussichtsplatz nördlich der Golden Gate Bridge fällt eine Anpflanzung aus attraktiven, blaublühenden Pflanzen auf.
Hierbei handelt es sich um eine zu dekorativen Zwecken importierte Art, dem blauen Busch-Natternkopf, Echium fastuosum, von den Kanarischen Inseln (Nordafrika). Jede einzelne Pflanze besitzt viele hundert blaue Einzelblüten, die einen zarten, honigartigen Duft ausströmen und auch für amerikanische Bienen sehr attraktiv sind. Von dem Fischer- und Künstlerdorf Sausalito führt eine kurvige Nebenstraße durch hügeliges Land her- auf und durchquert die Anpflanzung mächtiger Eukalyptusbäume, die aus Australien stammen. Eucalyptus globulus ist gerade in Blüte, und die Luft ist erfüllt von einem ganz starken Duft, der neben der für Eukalyptus typischen Cineolnote auch deutliche Aspekte von schwarzen Johannisbeeren oder tropischen Früchten aufweist. Nach dem Überqueren der
Hügelkette fällt der Blick auf den Pazifischen Ozean. Durch den ständigen Westwind ist das Gelände unbewaldet. Die sanften Hänge sind überzogen von großen Kräutern und niedrigen Gebüschen, Besonders stark vertreten ist das silbergraue Laub des kalifornischen Wermut, Artemisia californica, der zwar erst im Spätsommer blüht aber bereits im Frühjahr über seine aromatischen Blätter einen durch Thujon geprägten Wermutduft abgibt. Der gesamte Geruchseindruck ist dort die Vermengung von Meeresnoten mit den Düften des kalifornischen Wermuts und anderer Kräuter und Blüten - eine wahre Duftsymphonie.
Unter den bodendeckend vorkommenden Sträuchern und Kräutern ist der im Frühling blühende „Paint Brush" (Castilleja foliolosa) besonders auffällig. „Paint Brush" ist eine verholzende Staude, die fein behaart ist und 30-60 cm groß wird. Sie besitzt schmale Blätter und auffällig scharlachrot gefärbte Blüten. Diese Art wird vereinzelt auf trockenen oder felsigen Plätzen in den Coast Ranges gefunden. Ein weiterer auffällig blühender kleiner Strauch gehört zur Familie der Gauklerblumen (Monkeyflowers), die in Kalifornien in mehreren Arten und unterschiedlichen Farben vorkommen; die Buschgauklerblume (Bush Monkeyflower), Mimulus aurantiacus, die dort in Küstennähe vorgefunden wurde, aber auch weiter nördlich, in Oregon, vorkommt.
Besonders überrascht war ich als Europäer, dort eine ungewöhnliche Akelei vorzufinden, Akelei-Arten sind weit verbreitet in der nördlichen Hemisphäre und treten in unterschiedlichen Farben auf. Während in Europa die Wildform der Akelei meistens dunkelblau ist und viel seltener in Weiß oder Rosa auftritt, kommen in Kalifornien leuchtend rot gefärbte Arten vor. Eine der typischen Arten heißt Aquilegia formosa. Hier trifft die Bedeutung des lateinischen Wortes „formosa" direkt und indirekt zu. Die Blüte ist zauberhaft, und sie zieht außergewöhnliche kleine Vögel an - die Kolibris.
Die Schwertlilien der Pazifikküste sind eine ungewöhnlich attraktive Pflanzen-gruppe mit relativ niedrigen Blättern und fein abgestuften Blütenfarben. Die häufigste und widerstandsfähigste Art ist in Küstennähe zu finden: Iris douglasiana. Diese Pflanze bildet große Büsche von feinnervigen grünen Blättern, die am unteren Ende einen rötlichen Ansatz zeigen. Die Blütenstengel werden 30-50 cm hoch. Die etwa handflächengroßen Blüten sind hell-lavendelfarbig, blau oder purpurrot gefärbt. Iris douglasiana kommt auf Grasplätzen in offenem Gelände in Küstennähe vor. Die durch ihr intensives Rotauffällige „Fire Cracker Flower" (Brodiaea Ida-Mafia) unterscheidet sich von anderen Brodiaea-Arten mit meistens weißlichen oder bläulichen Blüten eben durch ihre auffällige rote Farbe. Die Einzelblüten sind über 3 cm lang, und die Pflanze wird 30-80 cm groß. Sie kann in Küstennähe in Senken und auf Grasplätzen in mittlerer Höhenlage gefunden werden. Ebenfalls in etwas feuchteren Senken kann dort ein Mitglied der zu den Doldengewächsen gehörenden „Bärenklau"-Familie gefunden werden:„Cow Parsnip"(Heracleum lanatum),Diese ausdauernde Pflanze wird 80 cm bis über 2 m groß, ist fein behaart und hat große geschlitzte Blätter, die fast einen halben Meter breit werden können, Die weißen Blüten bilden große, flache Dolden, Dabei besitzt die optisch eindrucksvolle Pflanze einen ebenso bemerkenswerten Duft, der von großer Intensität und Ausstrahlung ist. Der Duft kann als süß, orientalisch, mit Aspekten von Vanillin, Heliotropin und Methylanthranilat beschrieben werden. Die Familie der Doldengewächse ist weltweit verbreitet. Zu ihr gehören auch Pflanzen, von denen die Samen zur Gewinnung von Parfums oder Aromen verwendet werden (Koriander, Kümmel, Fenchel, Dill, Karotte usw.). „Cow Parsnip" ist entlang der Pazifikküste von Kalifornien bis Alaska verbreitet.
Aus der ebenfalls weltweit vorkommenden Familie der Liliengewächse konnten als typisch nordwest-amerikanische Mitglieder einige der eindrucksvollen Mariposa-Lilien festgestellt werden. Mariposa Lilien, „Mariposa Lilies"(Calochortus sp.), sind niedrige Zwiebelpflanzen mit bizarren Blüten. Diese Zwiebeln wurden. von den Indianern Kaliforniens zu Nahrungszwecken genutzt. Die gelbblühende „Yellow Globe Lily" (Calochortus amabilis) kommt an trockenen Stellen, z.B. Waldrändern, vor.
Veilchen sind jedem Blumenliebhaber bekannt und besitzen charakteristische Blüten, die kaum zu verwechseln sind. Für den Gast aus Europa überraschend ist das Fehlen der gewohnten violetten Farbe. So sind einige kalifornische Veilchenarten gelb, z.B. „Wild Pansy" oder „Johnny-jumpup" (Viola pendunculata), das auf feuchtem, grasigen Gelände vorkommt und dessen Blüte ein braunes Herz zeigt. Auf Schotter und Humusboden in Küstennähe kommt die „Allum Root" (Heuchera micrantha) vor, die ein Mitglied der Steinbrechfamilie ist. Die kleinen weißen Blüten besitzen einen zarten, frühlingshaften Duft. Auf Schotter findet man dort auch „Life Forever". Hierunter wird eine Gruppe sukkulenter Arten des Genus Dudleya zusammengefasst. Diese weren manchmal auch „Henne-und-Küken-Pflanze" („Hen-and-Chicken") genannt, weil sie die Eigenschaft haben, Senker von der Hauptpflanze aus zu bilden, die dann Jungpflanzen ausformen.
Eine der charakteristischsten kalifornischen Wildpflanzen ist in der Frühlingszeit der Kalifornische Wiesenschaum, „Meadow Foam" (Limnanthes douglasii), eine Jahrespflanze mit fein gegliederten Blättern und 2-3 cm großen Blüten, die entweder ganz weiß oder ganz gelb oder weiß mit gelbem Innensegment auftreten. Diese niedrigen Pflanzen sind kriechend und weisen einzeln einen Durchmesser von 20-30 cm auf. Meistens kommen sie in großen Massen auf feuchten und zum Teil auch schattigen Plätzen vor. Sie sind ganz typisch für die inneren Coast Ranges, wobei die gelben Formen bevorzugt in Küstennähe auftreten. „Meadow Foam" besitzt einen zarten Blütenduft, der Aspekte von Linalool und Maiglöckchen umfasst. Durch das Massenvorkommen bilden sich örtlich starke Duftwolken aus, die sehr positiv zum olfaktorischen Frühlingserlebnis beitragen.
Eine ganz ungewöhnliche Blüte zeigen die einjährigen Arten der Familie Coliinsia. Sie haben eine zweilippige Blüte, wobei der mittlere Teil der unteren Lippe eingezogen ist und eine Struktur ähnlich einem Bootskiel bildet und hierbei Staubbeutel und Stempel aufnimmt. Eine der in Kalifornien häufigsten und schönsten Arten ist Coliinsia heterophylla, „Chinese Houses" oder „lnnocence" genannt. Diese Pflanze mit ihren eindrucksvollen weißrosa Blüten, die an das gestufte Dach einer Pagode erinnert, bevorzugt halbschattige Plätze im Hügelland. Auf sonnigen Stellen wächst dort verstreut eine Sonnenblumenart mit dem lustigen Namen „Maultier-Ohren" („Mule´s Ears", Wyethia amplexicaulis). Verantwortlich für den Namen sind die bis zu 60 cm langen Blätter, die solchen Ohrlöffeln ähneln. Die handflächengroßen Blüten wirken wie kleine Sonnenräder und verströmen einen honigartigen Duft.
In den inneren Teilen der westlichen Randtäler Kaliforniens kommen mehrere blaublühende Lupinenarten als Jahrespflanze vor, dabei Lupinus benthamii, Lupinus bicolor und Lupinus nanus. Lupinen haben charakteristische Blätter, die. an Fächerpalmen erinnern. Aufgrund von Unbekömmlichkeit bzw. schlechtem Geschmack werden Lupinen von Weidevieh nicht verzehrt und können sich daher auf Wiesen massenhaft ausbreiten. Dies gilt besonders für L. nanus. Dementsprechend bieten die Wiesen dort zur Frühlingszeit ein von der Farbe Blau geprägtes Bild. Gleichzeitig fällt der eindrucks- volle, süß-blumige, Anthranilat-geprägte Duft auf.
In der naturnah gestalteten landwirtschaftlichen Fläche findet sich Raum für zahlreiche Gebüsche und große Bäume. Hierbei handelt es sich meistens um Eichen- oder Walnussbäume. Aufgrund der reinen Luft und der zu manchen Zeiten relativ hohen Luftfeuchtigkeit treten verbreitet Bartflechten auf, die diesen knorrigen Gehölzen ein besonders exotisches Flair verleihen. Kalifornischer Flieder, „California Lilac" (Ceanothus), wird in ganz Kalifornien gefunden, wo üblicherweise Gebüsch auftritt. Es gibt mehrere Arten, die meistens dunkelblaue, manchmal aber auch hell- blaue oder weiße Blüten besitzen. Kalifornischer Flieder ist nicht mit dem Flieder der Alten Welt verwandt. Er ähnelt ihm nur von weitem. Ein ganz besonders großer Unterschied besteht im Duft. Während der aus Persien stammende Flieder der Familie Syringa einen milden, blumigen Duft besitzt, der frische und süße Noten mit einschließt, so hat Ceanothus eine kräftige, grün-blumige Note mit einem starken Orangenblüten-Effekt, wie er für Anthranilsäure-Derivate typisch ist. Kalifornischer Flieder schenkt der Frühlingslandschaft Kaliforniens optisch und olfaktorisch ganz besondere Akzente. Die äußere Erscheinung variiert von niedrig kriechenden Formen bis hin zu aufrechten, baumartigen Büschen. Die Unterscheidung der verschiedenen Naturformen und der gärtnerischen Hybriden ist schwierig. Ceanothus wird auch sehr gern in Gärten angebaut.
Ein anderer auffälliger Busch ist der Flanellbusch („Flannel Bush", „California Slippery Elm", Fremontia californica). Die Pflanze bildet einen großen, locker gewachsenen Busch, der sich auch als kleiner Baum ausformen kann. Die Größe der Blätter und Blüten kann variieren. Die Art ist eine der eindrucksvollsten amerikanischen Gehölze mit 3-5cm großen offenen, flachen Blüten, die eine zauberhafte klare gelbe Farbe besitzen. Ein Geruch ist aber kaum wahrnehmbar. Ebenfalls ein ungewöhnliches Gehölz ist die „Fuchsienblütige Stachelbeere" („Fuchsia-Flowered Gooseberry", Ribes speciosum), die als zierlicher Busch von 70-150cm Höhe mit lang ausgebreiteten stacheligen Zweigen, glänzenden grünen Blättern und tiefroten, hängenden Blüten kaum an die weltweit bekannte Gartenstachelbeere erinnert. Dieser wie eine Fuchsie wirkende Frühlingsblüher wird in Kalifornien oft auch kultiviert. Seine natürlichen Vorkommen sind schattige Canyons in Küstennähe. An besonders geschützten Plätzen beginnt er bereits nach der Jahreswende zu blühen.
Weniger spezialisiert und daher häufiger anzutreffen, sind die einjährigen Hainblumen „Five-Spot“ (Nemophila maculata). Diese niedrige, sich ausbreitende Pflanze besitzt glatte Blätter und schöne weiße Blüten, die sich sehr weit öffnen und mehr als 3 cm Durchmesser aufweisen. Die fünf blauen Tupfen am Rand der Blütenblätter wirken wie von der Hand eines Malers hingetupft. Es drängt sich die Frage auf, welche ökologische Bedeutung diese charakteristischen, aber wie eine Laune der Natur wirkenden Flecke im Verlauf der Evolution gespielt haben könnten. Die Hainblumen kommen im offenen Gelände westlich der Sierra Nevada vor.
Diese kleine Exkursion in die kalifornische Frühlingsflora soll mit einer der typischsten Pflanzen Kaliforniens abgeschlossen werden, die so etwas ist wie ein botanisches Landessymbol: dem kalifornischen Goldmohn „California Poppy" (Eschscholzia californica). Die Art kann in Unterarten einjährig und auch mehrjährig auftreten und variiert von kompakter Form in den Küstendünen bis zu großen, ausdauernden Stauden.
Die großen, tieforangefarbenen Blüten treten im frühen Frühjahr auf. Sie wirken wie konzentriertes Sonnenlicht. Nachfolgende Blüten im Mai oder Juni sind etwas kleiner und heller. Der sich unterschiedlichen Standorten anpassende Goldmohn tritt stellenweise in größerer Zahl auf und beeindruckt durch den starken Farbeffekt, der allerdings auch darüber hinwegzu- trösten hat, dass die Pflanze nicht duftet.
Zum Abschluss dieses kleinen botanischen Kaleidoskops aus Farben, Formen und Düften sei der geneigte Leser in einen kalifornischen Redwood-Wald geführt. Redwood (Sequoia sempervirens) bildet 50-80 zum Teil 100 m hohe und bis zu 1500 Jahre alte, mächtige Baumriesen, die als immergrüne Bäume in Tälern der Coast Ranges schattige Wälder ausbilden können. Hier ist alles verhaltener, ruhiger und unauffälliger. Ein unaufdringlicher Waldduft kombiniert die erfrischenden Noten der mächtigen Redwood-Bäume mit den erdig-moosigen des Waldbodens und im Frühjahr mit dem zarten Blütenduft von Trillium-Arten aus der Familie der Liliengewächse. Die Stimmung in einem über tausendjährigen Redwood-Wald verhilft zum ruhigen Nachdenken über die spektakulären Beobachtungen in der kalifornischen Pflanzenwelt und führt zu der Hoffnung, dass sich diese Naturschönheiten auch nach Heranwachsen der nächsten Redwood-Generation, d.h. in 1000 Jahren, genauso schön präsentieren können wie heute.
Danksagung:
Ich danke Herrn Dr. Roy Teranishi, Berkeley, für seine Unterstützung bei der Erkundung der Pflanzenwelt Kaliforniens.
* Dr. E.-J, Brunke, DRAGOCO-Forschung, Holzminden
Aus dragoco report 03-1994
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