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Bedrohliche Bilanz

Geht es nach dem ökologischen Stellenwert und dem Naturschutz, kann es beim Thema Wiese nicht einfach heißen: Grün ist Leben. Stattdessen muss man sich wünschen: Bunt ist die Vielfalt.
Wer einen Blick über Mitteleuropas Wiesenbiotope wirft, sieht fast nur noch grün. Wo vor Menschengedenken noch Blumenmeere wogten, herrscht heute Einöde. Wer meint, das sei eine zu pessimistisch eingefärbte Anschauung, kann sich inzwischen sogar durch amtliche Daten belehren lassen. Das Bundesamt für Naturschutz hat jüngst erstmalig für Deutschland die Rote Liste der Gefährdeten Biotoptypen veröffentlicht. Dort ist nachzulesen, dass in Deutschland über zwei Drittel aller vorkommenden Biotoptypen gefährdet ist. Betrachtet man nur die naturschützerisch wertvollen Biotope, summiert sich die Zahl gar auf 90 Prozent. Vom Trockenrasen über Fettwiesen bis hin zum Straßengrün heißt es: Artenreiche Lebensräume sind Mangelware. Entweder sind sie nahezu verschwunden oder stehen in Gefahr, das zu tun. Bedroht sind dabei vor allem die alten Wiesenformen, wie sie die bäuerliche, extensive Landwirtschaft über Jahrtausende schaffen konnte.

Obwohl überall ein schmerzlicher Rückgang wertvoller Wiesenbiotope zu verzeichnen ist, gibt es regional bedeutsame Unterschiede. Besonders ausgeräumt sind die Niederlande, das norddeutsche Tiefland und die westdeutschen Mittelgebirge. In vergleichbaren Landesteilen des Ostens und im voralpinen und alpinen Raum sieht es stellenweise zur Zeit noch besser aus. Allerdings existieren auch hier krasse Unterschiede: Während man im niederösterreichischen Waldviertel noch jede Menge wertvolle Wiesentypen finden kann, sind Salzburger Land oder Schweizer Mittelland weitgehend verarmt. Und dies ist die Situation für die einzelnen Biotoptypen:
Bei Trockenrasen sorgen vor allem Tourismus und der Gesteinabbau für den Biotopschwund. Auch Stickstoffeinträge aus der Luft reichern die nährstoffarmen Standorte an. Am bedrohlichsten ist die Situation für die wesentlich seltenen Silikattrockenrasen auf saurem Untergrund.
Halbtrockenrasen sind hauptsächlich durch Nutzungsaufgabe bedroht. Deshalb kommen gemähte oder beweidete Flächen auch weniger häufig vor als brachgefallene. Die zweite Gefährdungswelle entsteht durch intensive Nutzung, also Düngung und häufigerer Schnitt bis hin zur botanisch uninteressanten Intensivfettwiese. Auch Aufforstungen vermindern das vorhandene Potential. Nicht anders erging es Steppenrasen, Sandtrockenrasen und Borstgrasrasen.
Es ist schon das Armutszeugnis einer Wohlstandsgesellschaft, dass es in Ebene und Hügelland praktisch keine ursprünglichen, artenreichen wie blumenbunten Fettwiesen (Glatthaferwiesen) gibt, die gemäht oder beweidet werden. Im Bergland fällt die Bilanz geringfügig besser aus, doch immer noch negativ.
Aufgrund der schwierigen Bewirtschaftung gehen hier immer mehr Flächen verloren, was den Artenschwund verstärkt. An artenarmen Fettwiesen (Vielschnittwiesen) und an monotonen Tritt- und Parkrasen besteht hingegen landauf, landab kein Mangel. Die Lage der Feuchtwiesen ist vergleichbar. Vor der Überdüngung steht aber meist noch die Entwässerung.
Bei Hecken- und Waldsäumen ist die Situation noch nicht so bedrohlich. Allerdings fehlen auch hier nährstoffarme Standorte, während nährstoffreiche zunehmen. Gefährdungsursachen sind die Intensivlandwirtschaft bis in die Gehölze hinein, die Begradigung von Waldrändern oder Wegebau am Heckenrand.
Für das Straßengrün lassen sich ähnliche Tendenzen ausmachen. Maximal ein Prozent der Flächen sind hier noch als artenreiche Böschungen oder Ränder ausgeprägt. Besonders unerfreulich ist die Lage innerhalb von Ortschaften. Zur üblichen Nährstoffanreicherung kommt ein übertriebenes Pflegebedürfnis und die Bepflanzung oder Einsaat mit standortfremden Pflanzen.

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